SO, 6. Oktober 2024, Ateliers in Niederbayern – Tag der offenen Tür in professionellen Künstlerateliers

Besuch von Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich

Papier aus Pilzen

Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich blickt hinter die Kulissen der Kunst von Tanja Major

Schon seit sie ein Kind ist, liebt Tanja Major die Natur. Beinahe jeden Tag geht sie in den Wald. Besonders jetzt, im Herbst, findet sie dort wahre Schätze: Eine große Vielfalt an heimischen Pilzen. Sie kommen bei ihr aber nicht nur in den Kochtopf. Die Künstlerin aus Sallach im Landkreis Straubing-Bogen macht etwas ganz Besonderes aus den Schwammerln: Sie fertigt aus ihnen Papier. Fungi-Paper nennt sie die Transformation vom Pilz zur Papierfaser. Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich hat sie nun besucht und durfte hinter die Kulissen blicken. Auf die Idee zu einem Besuch kam er, weil Tanja Major heuer auch beim „Tag des offenen Ateliers“ dabei war und dabei Groß und Klein ihre Kunst gezeigt hat. „Gerade auch die Kinder haben sehr gestaunt und wollten genau wissen, wie man aus Pilzen Papier machen kann“, sagt sie lächelnd.

Schon als sie noch klein war, war Tanja Major von Pilzen fasziniert. Später sammelte sie sie nicht nur, sondern fotografierte sie auch. Die gebürtige Oberbayerin lebt seit 10 Jahren in Niederbayern und ist eigentlich Food-Fotografin. Eine ganze Regalwand füllen die Bücher, die sie bebildert hat. Auch acht eigene Bücher hat sie herausgegeben und insgesamt sechs Medaillen damit gewonnen. Unter ihren eigenen Büchern ist auch ein Werk mit Rezepten aus dem Wald. Aber wie kommt man auf die Idee, ausgerechnet aus Pilzen nicht nur Rahmschwammerl, sondern Papier zu machen? „Ich habe früher schon mal einen Papierschöpfkurs gemacht und mich interessiert einfach, wie die Dinge funktionieren. Also habe ich herumprobiert“, erklärt sie. Beim Experimentieren mit dem besonderen Rohstoff half ihr ein Biochemie- Modul, das sie an der Universität Mainz belegte. Dort arbeitete sie im Labor und konnte wertvolle Erkenntnisse gewinnen, die ihr später nutzten, um ihre Kunst zu perfektionieren.

Sie verwendet dabei den Fruchtkörper. Da Pilze aus Chitin bestehen, ein Biopolymer ähnlich wie Zellulose lässt sich daraus auch Papier schöpfen. Tanja Major braucht dazu ansonsten nur noch Wasser und einige sehr wenige Zusatzstoffe, die sie nicht verrät, damit ihre Technik nicht abgekupfert wird. Sie ist ihres Wissens nach die Einzige, die

weltweit so große Papiere herstellt aus Pilzen. Aus den „Zutaten“ schöpft sie das Papier. Fühlt man es in der Hand, so streichen die Finger über die Struktur, die dabei entsteht. Gefärbt wird das Papier auch – dabei ist ebenfalls alles „echt Pilz“. „Es gibt weltweit eine Vereinigung von vielen Frauen und auch ein paar Männern, die mit Pilzen färbt, zum Beispiel Wolle“ erzählt sie. Bei ihr wird aus Gelbflechten der Farbton himmelblau, und der zimtfarbene Weichporling färbt das Papier violett. „Dadurch lässt sich eine große Farbvielfalt erzielen“, gibt sie Einblick.

Aus dem Papier wird Kunst. Filigrane Mobiles, die von der Decke schweben. Reliefartige Bilder, Vorhänge aus Papier oder sogar Kleidungsstücke. Tanja Major stellt weltweit aus – zum Beispiel bedrucktes Papier in Japan. Ihre Kunstwerke hängen im Haus des Papiers Museum und im Technischen Museum in Berlin, in Straubing im Nawareum, dem Mitmach-Museum der nachwachsenden Rohstoffe und bei den GBK Ausstellungen im Schloss Straubing. Die Künstlerin, die auch Pilzsachverständige und PilzCoach Ausbilderin, ist ehrenamtlich Instagram-Beauftragte der Deutschen Gesellschaft für Mykologie und wünscht sich mehr Lobby für Papier aus alternativen Naturmaterialien. „ohne Zusatz-Stoffe wie Plastik, Bleichmittel oder andere umweltschädigende Chemikalien“. Ihre Botschaft, nachhaltiges Papier zu verwenden, transportiert sie über die Kunst. Leichter wäre es für sie aber mit einer Förderung zur Forschung oder auch mehr Käufern, denn die Herstellung und die Ausstellungen kosten Geld. Das große Interesse und die Begeisterung für ihre Arbeit aber freut sie sehr: „Weltweit sind die Reaktionen toll.“

Die Pilze, die sie verwendet, sammelt sie alle selbst – mit viel Fachwissen und Ortskenntnis. Nur heimische Schwammerl kommen in ihre Werkstatt. Immer wieder wird neu experimentiert, denn Tanja Major will einfach wissen, ob sie etwas Neues schaffen kann und wie das geht – und wenn sie einen Rock mit der Farbe der stinkenden Lederkoralle färbt. Auch das sieht dekorativ aus – ein wenig wie Batik. Dr. Olaf Heinrich ließ sich beim Rundgang in ihren Räumlichkeiten alles genau erklären. Der Bezirkstagspräsident zeigte sich begeistert: „Heute hat sich mir eine völlig neue Welt geöffnet. Es ist beeindruckend, welch künstlerische Vielfalt es in Niederbayern gibt.“

Auch im Bayerischen Wald gibt die Künstlerin Einblick in ihr Schaffen: Am 14. Oktober hält sie um 15 Uhr im Waldmuseum in Zwiesel einen Vortrag zum Thema „Papier aus Pilzen“.

BU:

Künstlerin Tanja Major gab Bezirkspräsident Dr. Olaf Heinrich einen umfassenden Einblick in die Papierherstellung aus Pilzen. Foto: Bezirk Niederbayern